Samstag, 16. Dezember 2017

Deja Vu

Autor: Waters
Dauer: 4:27
First release: Is this the life we really want? LP, CD 2. Juni 2017

RW mit Touring Band 2017 

Roger Waters' Zynismus kennt 2017 keine Grenzen mehr. Kein Freund von Religionen, die seiner Meinung nach, gefährliche Gewalt-Motivatoren sein können, liefert er hier einen Text, der alle Fundamentalisten dieser Welt schockieren dürfte. "If I had been god" singt er, und dass er alles viel besser machen würde. Er wäre sicher nicht so blöd gewesen nur einen einzigen Sohn zu zeugen und den dann auch noch von den Römern killen zu lassen. Ausserdem hätte er - und hier ein kleines bisschen Selbst-Ironie - die Venen im Gesicht so arrangiert, dass sie gegen den Alkohol resistenter wären. Im Hintergrund hört man ihn hämisch lachen.

Déjà Vu war der zweite vorab veröffentlichte Song des Roger Waters Solo-Albums Is this the life we really want? und eröffnet das Album (nach dem Intro "When we were young"). Waters stellte ihn bereits vor Veröffentlichung des Albums am 9. Mai 2017 in der Late Show with Steven Colbert vor. Der Song war hier bereits identisch mit der Albumversion; komplett mit Orchester und Sound-Effekten.
Tatsächlich zirkulierte der Song bereits seit der Roger Waters The Wall Tour 2010-2013. Zu dieser Zeit spielte Waters den Song z.B. bei den Sound-Checks seiner Wall-Shows. 
Der damalige Arbeitstitel variierte zwischen "If I had been god (Lay down Jerusalem)" oder "If I were a drone". 
Roger Waters im Europäischen Parlament 2012
Waters spielte den Song unter dem erstgenannten Titel sogar im Europäischen Parlament 2012, um auf die BDS-Kampagne in Israel/Palästina hinzuweisen, daher wohl auch der Untertitel "Lay down Jerusalem", von dem er (zum Glück) für die Albumversion Abstand genommen hatte. Auch jene Zeilen, die sich genau um den Israelkonflikt drehten, wurden aus dem Lied genommen. Auch hier wurde die Songdauer auf dem Album um ungefähr die Hälfte reduziert, wie bereits bei "Broken Bones" aka "Safe and Sound".

Im zweiten Teil des Songs versucht Waters sich vorzustellen eine Drone zu sein. Eine Drone interessiert es nicht wer da grade in der Küche steht, die bombardiert wird. Mit "electronic eyes" ("The Final Cut") scannt sie das Gelände und überrascht die nichtsahnende Zivilbevölkerung.
Ob die hier zitierte "woman on a stove, making rice, baking bread or just boiling down some bones" dieselbe aus "Late Home Tonight pt. 1" aus "Amused to death" ist, bleibt offen. Diese wird allerdings auch ganz überraschend in der Küche von einer Bombe getroffen.
Effektvoll wird auch hier auf eine Explosion zurückgegriffen, wie in oben genannten Lied von 1992, diesmal aber aus der Perspektive der Bombe. 
Übrigens sind Explosionen auf den Alben von Roger Waters/Pink Floyd beinahe schon zu einem Erkennungsmerkmal geworden (Dark side of the moon, The Wall, The Final Cut, Radio KAOS, Amused to death). 
Gegen Ende des Song schweift Waters nach einigen sehr gelungenen Hinweisen auf die Dekadenz unserer Zeit ("The buffalo's gone, the Bankers get fat, the mountaintop's flat, etc...")
in ein, so scheint es, sehr persönliches Thema ab, das durch die Zeile "and it feels like Deja Vu" mit dem politischen Inhalt verbunden wird. Waters hatte ja in den letzten Jahren ziemliche Beziehungsprobleme, die ihn auch mit seiner Ex vor ein Gericht geführt hatten und Roger Waters gezwungen war zu "counting the cost of a love that got lost"...
Eine Drohne begleitet Deja Vu Live auf der Us+Them Tour

Musikalisch beginnt das Lied mit akustischer Gitarre und dem Heartbeat des Intro's, sowie einigen tickenden Uhren. Der Akkord ist typisch Waters und erinnert stark an die Akkordfolge von Mother (The Wall), aber auch einiges von "Pros and Cons of Hitchhiking". Auffallend sind der trockene, aber für Waters passende Bass & Schlagzeug-Sound. Die Produktion von Nigel Godrich ist im Vergleich zu den vorigen Roger Waters Alben viel schlichter gehalten, aber sehr gelungen. Auch die Streicherarrangements von David Campbell sind passend und nicht aufdringlich.

Am Ende des Songs ertappe ich mich immer wieder dabei die Worte "Mother, did it need to be so high?" zu singen. Die Melodie von Deja Vu wird übrigens in der Liebes-Trilogie "Wait for her/Oceans apart/Part of me died" am Ende des Albums wiederholt.

Der Song war fixer Bestandteil der Us + Them Tour, wobei live ein Gitarrensolo von
Jonathan Wilson
an der Slidegitarre und die Bridge mit "Lay down Jerusalem" hinzugefügt wurde. 
Auf der Veröffentlichung des Live-Albums der "Us + Them" Tour, wurde der zweite Teil des Songs als "Deja Vu (Reprise)" als Studioversion veröffentlicht und im Film als Abspann-Musik verwendet. 
Auf der "This is not a Drill"-Tour von 2022 spielte Roger Waters den kompletten Song (inkl. Reprise und "Jerusalem"-Zeile).

Der Song wurde auch als Audio-Video online veröffentlicht.


Wiederveröffentlichungen:
Roger Waters - Us + Them Live (2018) DVD, Bluray, CD, LP 
Roger Waters - Us + Them Live (2018) (reprise) (...)







Sonntag, 3. Dezember 2017

Broken bones

Autor: Waters
Dauer: 4:57
First release: Is this the life we really want? LP, CD 2. Juni 2017

Roger Waters & G.E. Smith, die 2015 ein paar Low-Key Konzerte spielten
Broken Bones ist einer jener Songs, die Roger Waters bereits seit einigen Jahren mit sich herum trug. Deja Vu und Crystal Clear Brooks sind weitere zwei Beispiele. 

Der Arbeitstitel war "Safe and Sound". Eine Live-Version von einem Auftritt im Bay Street Theatre  (NY) mit G.E. Smith (30/10/2015), die als Bootleg im Internet kursiert, ist eigentlich textlich, wie musikalisch beinahe identisch zur Albumversion, ausser, dass diese ca. 8 Minuten dauert.
Der Song ist musikalisch in typisch Watersianischem Singer-Songwriter-Stil geschrieben und wird hier und da von Streichern, bzw. orchestraler Begleitung untermalt. Diese Orchesterarrangements stammen von niemand geringerem als David Campbell, seines Zeichens Vater von Beck (Hansen) und Freund des Produzenten Nigel Godrich

Eingeleitet wird dieser 5. Song des Albums von Wolfgeheul und "nächtlichen" Atmosphären ("sometimes I stare at the night sky"). Hier setzt Waters mit Akustikgitarre einen klassischen "Waters"Riff an un räuspert sich laut hörbar. Dies ist angeblich eine Idee von Godrich gewesen. Generell erinnert der Song musikalisch und produktionstechnisch stark an das letzte Pink Floyd Album mit Roger Waters "The Final Cut" von 1983.
Roger Waters im Studio 2017
Der Text dieses Liedes ist wohl der direkteste des Albums Is this the life we really want? und prangert unsere westliche Gesellschaft an, die es nicht geschafft hat die Chance, die ihnen die Freiheiten nach dem 2. WK gegeben wurde, zu nutzen. Unsere Gesellschaft hat angeblich den Konsumismus und Kapitalismus der wahren Freiheit vorgezogen.
Laut Waters haben wir "Mistress Liberty" verraten. Hier fungiert die bekannte New Yorker Freiheitsstatue passend als Symbol für eine zerronnene Idee. "Oooh, Mistress Liberty, how we abandoned thee!" 
Da es sich um ein Konzeptalbum handelt, kommt die Figur der "Mistress Liberty" noch einmal später im Album zu Wort und zwar während des Songs "The most beautiful girl in the world".
Waters nimmt sich auch kein Blatt vor den Mund und thematisiert auch das wachsende Misstrauen der Bevölkerung in die Politik(er) und deren leeren Versprechungen und "fake news".
Doch noch ist nicht alles verloren und wir können zwar die Zeit nicht zurückdrehen, aber unsere Meinung kund tun:




We cannot turn back the clock
Cannot go back in time
But we can say:
Fuck you, we will not listen to
Your bullshit and lies



Zusammenfassend kann man sagen: ein typischer Waters-Song, der besonders in den Refrains die emotionale Seite von Waters' Gesang in den Vordergrund rückt.