Samstag, 25. November 2017

Bird in a gale

Autor: Waters
Dauer: 5:31
First release: Is this the life we really want? LP, CD 2. Juni 2017

CD & LP Cover 2017

Nach 25 Jahren hat Roger Waters im Juni 2017 endlich ein neues Studio-Album veröffentlicht! Wie bei allen Pink Floyd oder Roger Waters Alben muss man die Musik und Texte mehrmals auf sich wirken lassen, bevor man sich an eine Analyse wagen kann. 
Is this the life we really want? steht seinen Vorgängern in nichts nach und ist so vielschichtig, dass es eine Herausforderung ist das Konzept auf musikalischer und textlicher Ebene zu beschreiben.

Und ja, trotz der vergangenen 25 Jahre ist ITTLWRW? ein typisches Waters-Werk und gleichzeitig ein nahtloser Übergang von seinem 1992er Album Amused to Death zur modernen Zeit.
Produzent Nigel Godrich (Radiohead, Beck, Paul McCartney), der bereits das Live-Album "Roger Waters - The Wall" produzierte, gestaltet das Album auf grandiose Art und Weise. Einerseits hat er Roger Waters' Sound getroffen, indem er zahlreiche Effekte und Musique-Concrete Elemente eingebaut hat, andererseits hat er dem Ganzen einen zeitgemässen und modernen Schliff gegeben.
Erstmals in der Geschichte von Roger Waters hat dieser das Kommando im Studio an jemand anderen abgegeben.

Das Album ist gewohnt düster und zynisch und beschäftigt sich - wie immer bei Waters - mit Krieg, Ungerechtigkeit, reichen Bonzen (Trump ist derzeitige Zielscheibe), skrupellosen Politikern und Flüchtlingen. Die Musik tritt (wie meistens bei Waters) zugunsten der Botschaft und Texte in den Hintergrund. Besonders auffällig sind die spärlichen Gitarren-Phrasen auf dem gesamten Album, obwohl mit Jonathan Wilson wohl einer der derzeit besten amerikanischen Gitarristen  an Bord ist. 

Bird in a gale (Vogel im Sturm) folgt auf dem Album direkt auf den Titelsong, der plötzlich mit Waters Worten: "It's normal" abbricht und direkt in ein atonales, mechanisches Stampfen übergeht, das sofort Erinnerungen an "Welcome to the machine" vom 1975er Album "Wish you were here" wachruft.
Roger Waters & Nigel Godrich im Studio
Tatsächlich ist dieser Track ein produktionstechnisches Meisterwerk, wo Nigel Godrich seine Visionen - ganz im Sinne des Autors Waters - grandios umgesetzt hat. Es ist jener Track, der am wenigsten Text aufweist und eher als experimentell beschrieben werden kann. Ganz in der Tradition von  Stücken wie "On the run" oder den Musique Concrete Elementen auf The Wall

Die bedrohliche Atmosphäre wird bald von einem Rhythmus und Gitarrenlicks begleitet, die dem Ganzen ein bisschen Melodie einhauchen. Kurz darauf wird der Rhythmus des Vorgängerstücks wieder aufgenommen und Waters beginnt seinen zynisch-traurigen Text, der indirekt Bezug auf den vor ca. 2 Jahren an einem türkischen Strand angespülten Flüchtlingsjungen nimmt, ein Thema, das übrigens auch im Song "The last refugee" angesprochen wird.


Your dog is scratching at the door

The boy is drowning in the sea
Can I crash out on your floor?


Der Song ist eine Anklage gegen unsere gleichgültige Gesellschaft und beschreibt die Flüchtlingsproblematik vor dem Hintergrund eben dieser egoistischen westlichen Gesellschaft, die sich fragt ob sie nicht gar zu "grosszügig" ist: 

Were my caresses too gentle? 
Did I love you too much?

Langhaariger Waters live 2017
In der Mitte des Songs beginnt eine psychedelische Passage, die sehr stark an den Mittelteil von Dogs (Animals) erinnert, der hypnotische Drumpart und die von Keyboards und Gitarren kreierten Atmosphären sind eindeutig an diesen Song angelehnt. Ähnliche Atmosphären mit Anlehnungen an Dogs (sogar mit Hundegebell) sind hingegen auch im Song "Smell the Roses" u hören. In diesem Teil kommen auch einige Soundeffekte zum tragen, die wiederum stark an das Album "The Wall" erinnern. Zahlreiche Radio-Dialoge und Zeit- bzw. Bahnhofsansagen sind zu hören, die auch an anderen Stellen des Albums zu hören sind.
Der Song endet mit der Aufnahme des Klanges einer Rakete mit anschliessendem Jubeln einiger Leute. Dies könnte direkt von einem Youtube-Video stammen, welches israelische Siedler aufnahmen, welche von ihren Hausterrassen die Bombardierung von palästinensischen Siedlungsgebieten mitverfolgten und dazu feierten. 

Eine kleine Bemerkung zum Songtitel: "Bird in a Gale" (also Vogel im Sturm) erweckt zwangsweise eine Assoziation an das Cover des David Gilmour Solo-Albums "Rattle that lock" von 2015 und hätte somit auch als Cover für das neue Waters-Album gepasst. 

David Gilmour's "Birds in a gale" 2015 ;-)

Der Song wurde bis jetzt noch nicht im Rahmen der "Us + Them" Tour von 2017 live gespielt. 


Freitag, 10. November 2017

Auto Scene 2 & 3

Autor: Gilmour, Wright, Waters, Mason
Dauer: Auto Scene 2: 1:14 
            Auto Scene 3: 1:33
First release2016 Pink Floyd - The Early Years 1970 - Devi/ation; Zabriskie Point Remix


Bleiben wir bei den Zabriskie-Point-Remixes. 2016 erschien die Mega-Box "The Early Years 1965-1972" in welcher das unveröffentlichte Pink Floyd Material vom Dezember 1969 in Rom endlich den Fans legal zugänglich gemacht wurde. Zur Geschichte des Soundtracks und der Rolle Michelangelo Antonioni's (Regisseur) wurde an anderer Stelle schon genug gesagt.

Insgesamt sollten Pink Floyd für den Film "Zabriskie Point" 6 Szenen "bespielen". 
Das Intro (Heart Beat Pig Meat), Die Studentenrevolte (The Violent Sequence), Der Flug (Take off, Aeroplane), Die Liebesszene (Love Scene), Die Autofahrt (Crumbling land, Looking at map, Auto Scene) und die Explosion (Come on No. 51, your time is up, Explosion).

Filmszene mit Auto
Für die Autoszene wurden somit mehrere Versuche aufgenommen. Crumbling Land landete letztendlich auf dem Soundtrack und eine ca. 1 minütige Aufnahme schallte im Film aus dem Autoradio während der Fahrt. Wahrscheinlich war der Arbeitstitel von Crumbling Land "Auto Scene 1".

Auto Scene 2 & 3 wurden erst im Rahmen der oben erwähnten Box veröffentlicht, wobei Auto Scene 2 eine instrumental/akustische Version von "Country Song" (1997 von Rhino-Records auf der Re-Edition des Soundtracks veröffentlicht) ist. Die Instrumentierung ist auf Cembalo und akustischer Gitarre beschränkt. Diese Version wurde als "Red Queen Theme" bereits auf mehreren Bootlegs veröffentlicht.
Auto Scene 2 ist auch auf Cre/ation 2016 enthalten
Auto Scene 3 hingegen ist ein bisher ungehörtes Studio-Outtake, das eher an die Doors erinnert und ein bisschen nach Jahrmarkt-Musik klingt. Richard Wright lässt hier mit der Hammond-Orgel seiner Phantasie freien Lauf.


Weitere Veröffentlichungen:
2016 Pink Floyd - The Early Years 1967-1972 Cre/ation (only Auto Scene 2); Zabriskie Point Remix

Samstag, 4. November 2017

Aeroplane

Autor: Gilmour, Wright, Waters, Mason
Dauer: 2:18
First release2016 Pink Floyd - The Early Years 1970 - Devi/ation; Zabriskie Point Remix


Filmszene aus "Zabriskie Point" mit Flugzeug

"Aeroplane"? Von Pink Floyd? Nie gehört! "Fingals Cave"? Natürlich, kenn ich!

2016 erschien mit der The Early Years 1965-1972 Box auch endlich das Zabriskie Point Material, das bereits seit 3 Jahrzehnten als Bootleg kursierte. Die Aufnahmen wurden für die Veröffentlichung remixt und endlich in exzellenter Qualität auf eine CD gepackt.
Mit der Veröffentlichung 2016 wurden die offiziellen Titel bekannt gegeben. 
Fingals Cave, dessen Titel Pink Floyd Kennern ein Begriff sein sollte heisst nun also seit 2016 offiziell Aeroplane. Ein Song der also für die Film-Flug-Szene geplant war.

Auf der "Zabriskie Point Remix"-CD der Box sind jedenfalls alle jene Aufnahmen enthalten, die von Michelangelo Antonioni - Regisseur des Films Zabriskie Point - abgelehnt wurden. Es handelt sich primär um unfertige Riffs, Variationen und Studio-Outtakes jener Sessions von 1969 in Rom, die für den Soundtrack des Films aufgenommen wurden. 

Aeroplane (oder Fingals Cave) selbst ist ein für Pink Floyd Verhältnisse eher harter Gitarrenriff, der an "The Nile Song" vom More-Soundtrack erinnert. Es handelt sich um ein Instrumentalstück, welches immer den gleichen Gitarrenriff wiederholt und Nick Mason seine Trommel-Künste ausleben kann. Neu an der "remixten" Version ist das Becken-Intro und man kann natürlich viel mehr Instrumente, wie z.B. Rick Wright's Cembalo heraushören. Der Track ist ca. 25 Sekunden länger als die bekannten Bootlegversionen.
Der Track "Take off", der auf derselben "Zabriskie Point Remix" CD der Box enthalten ist, sowie auch auf der Zusammenfassung "Pink Floyd 1967-1972 Cre/ation", ist eine weniger harte Variation des Gitarrenriffs.